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Affäre der Ehefrau entdeckt! Definition der Liebe?

B
@laledu:
Vielen Dank, dass Du uns an Deiner Geschichte, und vor allen an Deiner Gefühlswelt, teilhaben lässt. Ich denke, dass dadurch viele Selbstzweifel und Mythen bei Betrogenen gelindert werden können, mehr Verständnis für die Dynamik dieser komplexen Situation entsteht. Und es erklärt ja auch in Teilen des TEs Eingangsfrage nach der Definition von Liebe.

Eine Frage von mir an Dich:
Wie gehst Du damit um, jetzt eine Annäherung an Deinen Mann zu versuchen, ohne auf Augenhöhe mit ihm zu sein? Das ist etwas, was ich bei den leisen Rückkehrern nicht verstehe bzw. was in meinem persönlichen Universum unmöglich erscheint.
Wenn ich mich wieder an jemanden annähern möchte, also mehr Nähe herstellen, mit ihm im Gleichklang schwingen, dann ist so eine krasse Verschiebung des Machtverhältnisse, so ein Wissensungleichgewicht doch (aus meiner Sicht) total kontraproduktiv. Das steht doch dann wie ein rostiger Nagel dazwischen, oder empfindest Du das anders?
Hast Du den Eindruck, dass sich Stärke- und Schwächezuwachs aus der Affäre die Waage halten, dass Du Deinem Mann derzeit also nicht überlegen bist? Verdrängst Du diese Problematik, weil ein auf Augenhöhe kommen gleichzeitig Deinen Mann sichtbar verletzen und eure Beziehung erst Recht in Frage stellen würde? Oder siehst Du das ganz anders?

Meine 5 Cents zur Definition der Liebe: Ich denke, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, für die Liebe ein ganzheitlicher, unbefleckte Zustand ist, der mit dem Verlieben entsteht, zu Liebe wächst und dann bestehen bleibt, erhalten werden muss. Geborgenheit, Vertrauen, Lust, etc. sind Gefühle, die aus der Liebe entspringen und ohne die die Liebe nicht existiert. Und nach so einem Riss in der Liebe (Affäre) kann sie nie wieder heil werden.
Es ist eine Art statisches Alles oder Nichts-Prinzip, das dann eben jede andere Liebe ausschließt.

Und eine andere Gruppe (u.a. auch ich) sehen Liebe dynamischer. Es ist eine Ansammlung von Wohlgefühlen (Verliebtheit, Bestätigung, Angenommensein, Faszination, Geborgenheit, Vertrauen, Lust, etc.), die einen erfüllt, stabilisiert und beflügelt. Dieser Ballon an Glibbermasse Wohlgefühl nennt sich Liebe, kann austrocknen, anwachsen, sich inhaltlich verschieben (Verliebtheit wird mit der Zeit weniger, Vertrauen dafür mehr), wird durch Stress belastet, kann über Durststrecken gestreckt werden, konzentriert sich im besten Fall auf eine Person und splittet sich bei Affären auf mehrere Personen auf. Manche der Gefühle in dem Ballon sind edlerer Natur, andere füttern das Ego. Alle haben ihre Berechtigung. Und in verschiedenen Lebensphasen haben die Gefühle im Ballon unterschiedliche Bedeutung (kommt ein Kind, bei Krankheit oder Jobverlust ist Vertrauen und Geborgenheit wichtiger - in Zeiten der Stärke und Stabilität werden Lust und Faszination wichtiger).

Aus meiner Sicht ist eine Ehe eine gute Ehe, wenn das Zusammensein die verschiedenen Aspekte des Ballons so füttert, dass für alle Lebenslagen noch genug Polster übrig ist. Lässt man Lust oder Faszination verkommen, kann die Verbindung durch einen Dritten in Frage gestellt werden. Ebenso wenn man Geborgenheit oder Anerkennung nicht genug vermittelt. Und was genug ist, kann nur der Empfänger bestimmen. Braucht der Partner mehr Anerkennung als man ihm selbst zollen kann, dann passt man offensichtlich nicht zusammen. Ob nun der eine zu bedürftig ist oder der andere nicht genug gibt, ist im Ergebnis egal. Das Defizit zu empfinden führt zu Unzufriedenheit und zu (je nach Charakter oder Möglichkeit) A) warmem Wechsel, Affäre, B) Trennung oder C) erkaltete Nörgelbeziehungen/Frustration.

Früher, als sich die Paare noch zusammen rauften, bestand nur die Möglichkeit C. Vor allem für Frauen. Scheidung war geächtet, Frauen verdienten kein eigenes Geld und Männer konnten keinen Haushalt führen. Man musste sich in dem Einrichten, was war. Alk. half häufig. Eigene Träume wurden an die Kinder weiter gereicht. Man begnügte sich, richtete sich ein, hatte es ja nicht nur schlecht, opferte sich für die Familie, etc.

Heute sind nur noch wenige auf die eine Beziehung, Ehe elementar angewiesen. Der Anspruch an das eigene Glück (und auch das Glück der Kinder) ist gewachsen. Dafür aber auch die Bereitschaft, etwas dafür zu tun, gewachsen.
Der kleinste gemeinsame Nenner reicht nicht mehr. Er hat mich nie geschlagen und es ging uns immer gut käme heute keiner Frau mehr ernsthaft als Argument pro Ehe über die Lippen, ebensowenig wie Männer mit Sie hat sich immer prima um die Kinder gekümmert, hat gut gekocht und war sehr ordentlich und sparsam eine Frau loben würden.

Ich glaube, dass langjährige Ehen nicht mehr vorkommen werden, wenn sich nicht beide jedes Jahr an Sylvester vornehmen, den anderen im Neuen Jahr nochmal neu kennen lernen zu wollen und ihn/sie bei der Erfüllung eines Wunsches zu unterstützen. Jedes Jahr. Anstrengender als früher. Aber auch schöner, finde ich.

Grüße
Bekannte

23.07.2016 10:47 • x 8 #31


Blanca
Wieso wird hier seitenweise auf die Situation von Gast Laledu eingegangen, obwohl es eigentlich um die Problematik von @Boundlesser geht? Kann Gast Laledu bitte einen eigenen Thread eröffnen, in dem man sich ihr angemessen widmen kann, während man hier ontopic bleibt? Danke

23.07.2016 10:51 • x 3 #32


A


Affäre der Ehefrau entdeckt! Definition der Liebe?

x 3


B
Zitat von Blanca:
Wieso wird hier seitenweise auf die Situation von Gast Laledu eingegangen, obwohl es eigentlich um die Problematik von @Boundlesser geht?

Weil es darin Informationen gibt, die dem TE helfen können.
Und er es selbst moderieren kann, wenn er es für OT hält.

23.07.2016 10:55 • #33


L
Ich halten mich gerne zurück. Wenn Boundlesser Fragen hat, darf er sie mir gerne stellen. Ich werde sie offen und ehrlich beantworten.

23.07.2016 11:13 • #34


Urmel_
Zitat von Boundlesser:

Zudem kommt, dass sie in ihrer Definition von Liebe ausführlich darüber berichtet hat, dass es keine Garantie für Liebe gebe und auch in Zukunft es möglich sei, dass man sich ja (auch während einer Ehe) erneut in andere verlieben könne....was diametral meinem eher romantischen Empfinden von Liebe widerspricht und in mir einen Groll dieser Vorstellung gegenüber wachsen lässt, der mich von Innen her aufrisst!

Meine Bitte an Euch wäre, dass ihr euren ersten Eindruck hierzu schildern würdet; vielleicht Eure Sicht der Liebe.... Ist meine romantische Sichtweise, dass man sein Herz und die Liebe nicht teilen kann, so altmodisch und aus der Zeit gefallen? Ist es normal, gar keine Garantien auch über kurze Zeit geben zu können?


Lieber TE,

viele Menschen sind nach so einem einschneidenden Erlebnis in ihren Grundfesten erschüttert. Aber egal wie groß der Schmerz jetzt ist, Du hast so die Möglichkeit, Dich selbst und auch die Welt zu hinterfragen. p86 hat sicherlich recht, dass man bei der Balance zwischen Anziehungskraft und Komfort ansetzen könnte. Diese Balance beschreibt im Prinzip, wie Sicherheit und Unsicherheit, die beide eine Vielzahl von Ausprägungen haben können, dafür sorgen, dass zwei Menschen erfolgreich in einer Partnerschaft funktionieren, weil alle Bedürfnisse beider Partner in einer Beziehung Beachtung finden. Wenn Leser mich hier kritisieren, weil ich oft sehr absolut beurteile, dann liegt dies in der Regel daran, dass zwar auf den ersten Blick die genannten Ausprägungen sehr unterschiedlich sind, ich aber immer versuche, auf die zu Grunde liegenden Strömungen in uns Menschen einzugehen.

So hast Du beispielsweise auf der einen (Komfort-)Seite einen Man, der seiner Dame alle Wünsche von den Lippen abliest, seine eigenen Bedürfnisse hinsichtlich einer möglichst harmonsichen Partnerschaft (nach seiner Definition) hinten anstellt und bei den ersten Problemen anfängt zu klammern, was die Dame dann in der Regel in die Flucht treibt. Auf der anderen Pendel-Seite hast Du eventuell einen Mann, der viele Frauen um sich hat und dadurch so viel Unsicherheit (Anziehungskraft) bei einer möglichen Partnerin auslöst, dass diese das Handtuch wirft.

Dazwischen gibt es natürlich unzählige Grautöne. Doch alle Varianten kann man auf die Balance zwischen Anziehungskraft und Komfort herunterberechen.

Ich finde Deine Frage nach dem Zeitgeist jedoch viel interessanter, denn am Ende des Tages musst Du die Situation zuallererst für Dich selbst lösen. Denn man kann immer nur an sich selbst arbeiten, andere Menschen (wie Deine Partnerin) kannst Du nicht verändern. Du kannst auf Deine Umwelt, als Mann, nur durch exemplarisches Verhalten einwirken. (Demonstrieren über Argumentieren)

Schau Dir doch mal die Welt um Dich herum an. Welche elementaren, hinter allen Bewegungen und Befreiungsparolen, Strömungen begleiten uns denn seit einigen Jahren so offensichtlich, dass man sie nicht mehr ignorieren kann? Es gibt da zwei Spitzen eines Eisbergs, die zwar nicht Gründe, aber sehr bezeichnende Ausprägungen der Entwicklungen sind: Männer, die ihre Emotionalität im Sinne der femininen Deutung dieses Begriffs entdecken sollen und eine moderne interpretation maximaler Freiheit für die selbstbewusste und eigenständige Frau, die als Valedierung für alle Entscheidungen die weiblichen Emotionen als gerechtfertigte Entscheidungsgrundlage präsentiert.

Das Problem an der Sache ist, dass man diese DIskussion zwar sehr sauber auf Basis rechtlicher Grundlagen für alle uns umgebenden Menschen führen kann, aber in welche Lage bringen uns Männer die beiden Eisbergspitzen, wenn man mal alle Instant-Empörungen über die Dreistigkeit eines Mannes beiseite schiebt, der es wagt, solche Dinge beim Namen zu nennen.

Um es konkret zu sagen: In dem einem Zusammenspiel zwischen Mann und Frau dem einen Geschlecht, durch massiven Eingriff in die Wertedefinition, die Grundlage genommen wird, Grenzen für das Verhalten des anderen Geschlechts zu setzen, und dies mittlerweile (und da kommt die Wahrnehmung der sich ändernden Grundbedingungen in Partnerschaften ins Spiel) von der (weiblich) geprägten Gesellschaft akzeptiert wird, bleiben immer öfter Menschen zurück, die die Welt nicht mehr verstehen.

Mal angenommen, dass ein Mensch der Meinung ist, dass er im Leben zu jeder Zeit alles haben kann und ihm dies durch die Gesellschaft auch so bestätigt wird, gleichzeitig für die Handlungen, die in so einem Fall manchmal bedingen, dass ein anderer Mensch, der in diesem Moment gerade nicht so funktioniert, wie man es gerne hätte, keine Verantwortung übernehmen muss, zu was führt dies dann?

Wenn man also nicht mehr auf Verantwortung setzen kann, im Sinne von Verantwortung für eine Partnerschaft. In guten, wie in schlechten Zeiten, weil die Gesellschaft diese Verantwortung nicht mehr fordert, sondern oft dem Menschen, der nach seinen momentanen Emotionen handelt, dazu gratuliert, so zu handeln, welche Mittel hat man dann noch zur Hand?

Und da schließt sich der Kreis. Wenn man nur sich selbst ändern und bestimmen kann. Was bleibt dann?

Demonstrieren über Argumentieren. Zu seinen Grenzen stehen, das Spiel nicht mitspielen. Nur Taten als Währung akzeptieren und dementsprechend handeln.

23.07.2016 11:17 • x 12 #35


Blanca
Lieber @Urmel_ ,

vor Jahren hörte ich anläßlich eines Gastbesuches (bin kath. getauft) in einer evangelischen Kirche von deren Kanzel herunter kommend folgenden Satz:

Ja, es ist gut, mit der Zeit zu gehen. Aber man sollte wissen, die Geister der Zeit voneinander zu unterscheiden.

DANKE, für diesen Deinen Beitrag, der das rund 40 Jahre später nochmal so perfekt für mich auf den Punkt gebracht hat - für den TE hoffentlich auch.

23.07.2016 11:22 • x 3 #36


Urmel_
Zitat:
Mal angenommen, dass ein Mensch der Meinung ist, dass er im Leben zu jeder Zeit alles haben kann und ihm dies durch die Gesellschaft auch so bestätigt wird, gleichzeitig für die Handlungen, die in so einem Fall manchmal bedingen, dass ein anderer Mensch, der in diesem Moment gerade nicht so funktioniert, wie man es gerne hätte, ausgetauscht wird, keine Verantwortung übernehmen muss, zu was führt dies dann?


Da hatte ich etwas unterschlagen.

23.07.2016 11:31 • #37


Keto
Ein typischer Urmel. Danke.

23.07.2016 11:41 • #38


Blanca
Zitat von Urmel_:
Zitat von Urmel_:
Mal angenommen, dass ein Mensch der Meinung ist, dass er im Leben zu jeder Zeit alles haben kann und ihm dies durch die Gesellschaft auch so bestätigt wird, gleichzeitig für die Handlungen, die in so einem Fall manchmal bedingen, dass ein anderer Mensch, der in diesem Moment gerade nicht so funktioniert, wie man es gerne hätte, ausgetauscht wird, keine Verantwortung übernehmen muss, zu was führt dies dann?


Da hatte ich etwas unterschlagen.

Und dieser Austausch reduziert den Menschen (hier sogar: den Partner im eigenen Lebensbund) auf ein Stück Ware, die man beliebig beschaffen und wieder entsorgen kann, darf und - so wird es jedenfalls derzeit überall in der westlichen Konsumwelt propagiert - auch sollte, wenn sie nicht mehr wunschgemäß funktioniert.

Daher ist diese Beliebigkeit letztlich auch so unwürdig.

Daher kann ich auch gut nachvollziehen, warum der TE so allergisch reagiert darauf.

Daher bin ich Dir für Deinen Beitrag auch so dankbar.



Merkwürdig:
Wenn jemand sich einen Hund kauft und irgendwann an andere Leute oder ein Tierheim abgibt, weil ihm die Verantwortung für dessen Haltung über den Kopf gewachsen ist, muß er bei Bekanntwerden mit aufrichtiger Empörung rechnen.

Wenn jemand seinen menschlichen Lebenspartner austauscht, wird nur müde mit den Achseln gezuckt und man bekommt eingeredet, das sei doch normal heutzutage. Empfindet man das anders und beharrt darauf, daß es eben das nicht nicht sei, ist man eben von vorgestern.

Die Geister der modernen Zeit setzen Prioritäten, die auch ich bestenfalls als eigenartig empfinden kann...

23.07.2016 11:41 • x 2 #39


Tiefes Meer
Hallo boundlesser,

ich bin mir nicht sicher, was genau so arg an Dir knabbert. An der Oberfläche scheinen die Dinge immer so einfach zu sein. Da ist jemand fremdgegangen. Hat Dir das über zwei Jahre verheimlicht. Das verletzt Dich. Und Du weisst nicht, wie Du damit umgehen sollst. Schon gar nicht, wenn Dir Deine Frau jetzt auch noch sagt, dass sie für Gefühle nicht garantieren kann. Da kommt einiges zusammen. Vor allem, da Du an das Ideal der romantischen, immerwährenden Liebe glaubst. Einer Liebe, die man einander versprechen und für die man dann auch garantieren kann. Lebenslang.

Es passt mit Ach und Krach noch in Dein Gefühlsleben, körperliches Fremdgehen verzeihen zu können. Auch mit dem jahrelangen Verheimlichen könntest Du irgendwie noch klar kommen, wenn ich Dich richtig verstanden habe. Aber sobald Gefühle hinzukommen, geht es Dir an die inneren Grundlagen. Vor allem, wenn Deine Frau Dir sagt, dass es für Gefühle keine Garantien gibt.

Ich möchte das Verhalten Deiner Frau nicht moralisch bewerten, auch nicht den Betrug schön reden. In diesem einen Punkt jedoch möchte ich ihr Recht geben. Für Gefühle gibt es keine Garantien. Niemand kann Gefühle steuern. Steuern können wir jedoch unser Verhalten. Jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt. Solange ein aufkeimendes Feuer für einen Dritten noch klein ist, ist es möglich, dieses mit einer bewussten Entscheidung zu ersticken. Nämlich, indem man der Versuchung aus dem Weg geht.

Diese Entscheidung mag für einen Moment schwer fallen. Im Feuer liegt ja Faszination, die zum Nähertreten verlockt. Mancher redet sich da gerne ein, es sei gefahrlos ein Schrittchen näher zu treten. Glaubt, alles im Griff zu haben. Überschätzt das eigene Kontrollvermögen. Es ist aber nicht gefahrlos. Je näher man tritt, desto stärker der Kontrollverlust. Diese Erfahrung hat Deine Frau ja jetzt wohl gemacht. Mit dieser Erfahrung sollte sie künftig deutlich besser mit einem kleinen Feuerchen fertig werden. Falls es denn auftritt und falls es dann für Dich noch eine Relevanz hat.

Zum Thema romatische Liebe an sich. Wenn Du Dich umsiehst, von Dir absiehst, ist es ja doch unübersehbar, dass heutzutage alles möglich ist. Es gibt offene Ehen, es gibt Polyamourie, es gibt Leute, die sich 10mal scheiden lassen.

Verfechter der romantischen Liebe nehmen gerne an, dass ein Fremdverlieben nicht passieren kann, wenn die bestehende Ehe gut ist und beide sich darum bemühen. Passiert das Fremdverlieben, dann bleiben in diesem Denkmodell nur zwei Schlüsse - Entweder war die Ehe doch nicht so gut, oder der andere ist ein Ar., der in Wirklichkeit keine wahre Liebe empfindet. Doch es sind andere Denkmodelle möglich und die führen zu anderen Schlüssen.

Sprichst Du mir jemanden, der Polyamourie lebt, ohne diesen gleich für verrückt zu erklären, dann wirst Du feststellen, dass es sehr wohl möglich ist, mehrere Menschen gleichzeitig zu lieben. Nimmt man diese Haltung ein (gedanklich, für einen Moment), dann ist es traurig, dass viele Ehen zerbrechen, nur weil nach langen Jahren sich herausstellt, dass bei einem der Beziehungspartner sich ein zweiter Mensch ins Herz geschlichen hat. Aus dieser Perspektive heraus ist es auch traurig, dass der monogame Anspruch es befördert, dass Menschen unehrlich miteinander umgehen. Sich nicht trauen, dem langjährigen Beziehungspartner einzugestehen, was Sache ist.

Nicht falsch verstehen - ich will damit nicht für so ein Beziehungsmodell plädieren. Ich selber mag es auch nicht leben. Es würde mich klar überfordern. Ich finde nur, dass man von den Erfahrungen auch dieser Menschen lernen kann. Insbesondere kann man von ihnen lernen, dass das menschliche Herz gross genug ist, auch mehrere Menschen gleichzeitig zu lieben. Dass Liebe für einen Dritten keinesfalls gleichbedeutend damit sein muss, dass die Liebe zu einem langjährigen Partner erloschen ist oder etwa nichts wert wäre.

Dies alles sind nur ein paar grundsätzliche Gedanken. Ich hoffe, sie nützen Dir ein bißchen beim Sortieren und Hinterfragen Deiner Haltung und Deiner Gefühle.

Du hast hier schon den Rat erhalten, Dir für dieses Sortieren jetzt sehr viel Zeit zu nehmen. Das kann ich nur unterstreichen. Es gibt viele Menschen, die nicht verzeihen können, wenn ein Partner fremd gegangen ist. Zumal über einen so langen Zeitraum. Das ist auch ok so. Dann muss man sich trennen. Es gibt aber auch andere Beispiele, einige wenige sogar hier im Forum, wo man als Paar letztlich gestärkt aus so einer Krise hervorgegangen ist. Hoffnung besteht also - gerade, wenn ihr beide Eure Beziehung im Kern für gut haltet. Und das scheint der Fall zu sein.

Liebe Grüsse

23.07.2016 11:51 • x 7 #40


R
Urmel, ich bin auch dankbar!

Der TE wird nach einer solchen Katastrophe zwangsläufig dazu geführt, seine eigenen, innersten Werte zu suchen, zu finden und (hoffentlich) danach zu handeln.

Deine Beiträge zeigen eine hervorragende Richtung und Basis in einer Zeit grundlegender Neuordnung auf.

23.07.2016 11:55 • #41


Blanca
Zitat von Tiefes Meer:
Jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt. Solange ein aufkeimendes Feuer für einen Dritten noch klein ist, ist es möglich, dieses mit einer bewussten Entscheidung zu ersticken. Nämlich, indem man der Versuchung aus dem Weg geht.

Die Frau des TE hatte die Affaire mit einem Arbeitskollegen.

23.07.2016 11:55 • x 1 #42


R
Ein schlichtes ich konnte mich nicht dagegen wehren führt im Häkelkreis meist zu verständigem nicken.

23.07.2016 12:12 • #43


Tiefes Meer
Zitat von Blanca:
Zitat von Tiefes Meer:
Jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt. Solange ein aufkeimendes Feuer für einen Dritten noch klein ist, ist es möglich, dieses mit einer bewussten Entscheidung zu ersticken. Nämlich, indem man der Versuchung aus dem Weg geht.

Die Frau des TE hatte die Affaire mit einem Arbeitskollegen.
So eine Situation macht es schwieriger, einer Versuchung aus dem Weg zu gehen, aber nicht unmöglich.

23.07.2016 12:13 • x 1 #44


Blanca
Zitat von Tiefes Meer:
Sprichst Du mir jemanden, der Polyamourie lebt, ohne diesen gleich für verrückt zu erklären, dann wirst Du feststellen, dass es sehr wohl möglich ist, mehrere Menschen gleichzeitig zu lieben.

Ich kann hier nur das Buch The Ehtical Slut von Dossie Easton und Janet W. Hardy empfehlen; vielleicht ist es inzwischen auch in deutscher Sprache erschienen.

Es kommt tatsächlich darauf an, wie man Liebe für sich definiert (womit wir wieder beim Threadtitel wären). In der Praxis stellen polyamore Beziehungen bzw. Netzwerke erhebliche Anforderungen an alle Beteiligten. Für mich benötigt wahre Liebe aber auch und vor allem den erforderlichen Raum, sich nicht nur in (durchaus aufrichtigen) Empfindungen und Worten, sondern auch im konkreten Handeln ausdrücken zu können und zu dürfen. Wie sonst sollte sie sich entfalten und fortentwickeln?

Platt gesagt: Erst wenn ich es hinbringe, auch in hohem Alter jahrelang gleichermaßen für alle Geliebten konkret da zu sein und ihnen mit derselben Vorbehaltlosigkeit den Ar... selbst auswische, weil sie es selbst nicht mehr können und die Pflegekraft vorübergehend ausgefallen ist, aus welchen Gründen auch immer - erst dann nehme ich meine (!) Liebe auch tatsächlich ernst. Alles andere ordne ich unter Schwärmerei ein und da kann ich das einfach nicht wirklich.

Es gibt übrigens Menschen, die bekommen es hin, auch diese Meßlatte zu nehmen. Sind aber vermutlich nicht viele. Ein anderes Beispiel, wie es laufen kann und tut, zeigt dieser Clip:


Allerdings handelt es sich hier nur um Poloygamie, nicht um Polyamorie - die Frauen dieser Mormomen haben ja ihresteils keine weiteren Ehemänner. Eben das ist allerdings auch der Punkt, den ich mir in der Praxis so schwierig vorstelle: Also daß beide mehrere Partner haben und mit diesen auch Familie leben. Ich denke da an Dinge wie Sozialversicherung, etc. - unser System ist darauf einfach nicht ausgelegt und deshalb ist es auch unwahrscheinlich, daß (wahre) Polyamorie es je zum gesamtgesellschaftlichen Leitbild bringen wird.

Ich stimme Dir aber zu, daß gerade das Herausfordernde dieser Modelle es so spannend macht, sich mit ihnen zu beschäftigen und wie inspirierend das für eine Grundinspektion des eigenen Lebens ist.

23.07.2016 12:17 • x 1 #45


A


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