Hallo zusammen. Ich (40) erzähle kurz meine Geschichte.
Seit 4 Jahren wohnen wir in zwei Häusern nebeneinander. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und ich eines, alle im selben Alter, alle bestens befreundet und fast wie Geschwister. Meine Partnerin und ich haben uns Anfang des Jahres getrennt, die Beziehung war allerdings schon seit Jahren hinüber (Paartherapie hat auch nicht geholfen), wir waren nur noch des Kindes wegen eine Eltern-WG, aber irgendwann ging auch das nicht mehr für uns. Sie ist 130km weg gezogen und hat vor Gericht in einer vorläufigen Entscheidung unsere Tochter zugesprochen bekommen, die mir wahnsinnig fehlt.
Im Laufe der letzten Jahre hatte ich auch durch unsere Kinder oft Kontakt zu meiner Nachbarin, und habe ich schon seit einer Weile in sie verliebt. Nach meiner Trennung ist dann mehr daraus entstanden, wir haben schon vorher immer wieder etwas geflirtet, aber nach meiner Trennung wurde ich etwas mutiger und wir konnten nach mehreren Treffen zu zweit nicht mehr voneinander lassen. Sie lebt in einer Ehe mit einem Workaholic, der emotional ziemlich abgeflacht ist, und sie ist in den Momenten mit mir regelrecht aufgeblüht. Sie hat alles getan, um das mit uns wieder zu beenden, da sie hohe Moral- und Wertevorstellungen hat, sie wollte keine Affäre, sie wollte auch ihre Beziehung nicht leichtfertig beenden. Sie hat eine Therapeutin konsultiert, reflektiert, Familienaufstellung gemacht etc.
In der Zeit haben wir jede mögliche freie Minute miteinander verbracht, endlos geschrieben und sind zweimal heimlich für ein Wochenende in ein Hotel gefahren. Unsere Anziehung aufeinander war extrem, unsere Momente miteinander bezeichneten wir als magisch und himmlisch. Es war alles andere als nur körperlich, wir haben - würde man den Mann ausblenden - eine wundervolle neue Beziehung geführt.
Mit all den Monaten wurde es für mich schwieriger nur der Geliebte zu sein und sie selbst hat uns stets als außereheliche Beziehung bezeichnet und wollte uns keinesfalls nur als Affäre sehen. Es war mehr als das. Ich habe ihr Zeit gegeben sich sicher zu sein was sie will, ich habe ihr Raum gegeben und dabei als Nachbar immer wieder auch beim Familienidyll zugesehen. Ich weiß, dass sie mit ihrem Mann keine Intimität mehr hatte, dass sie sich beide extrem schwer taten über ihre Beziehung zu sprechen und das nur in großen Abständen getan haben. Vor 7 Wochen dann kam ihr endlich die Erkenntnis, das sie wisse, was sie wolle. Sie will mich und uns und eine gemeinsame Zukunft. Sie ist sich des Preises bewusst, den sie dafür zahlen muss (ihre Kinder einer Trennung auszusetzen, der schmerzhafte Teil, das weiß ich aus Erfahrung). Sie werde sich trennen. Sie hatte auch schon einen Termin beim Anwalt um sich über die finanziellen Konsequenzen zu informieren, nachdem sie mehr verdient als er.
Kurz danach bekam sie wieder kalte Füße, dann hat sie das Vorhaben wiederholt und wieder ihre Absicht bestätigt.
Ihre Mutter hat von uns erfahren und hat sie damit konfrontiert, daraufhin hat sie in einer panischen Reaktion wieder alle Pläne verworfen und wollte keinen Kontakt mehr. Zwei Tage später kamen schon wieder die Nachrichten ich denke an Dich, jede Sekunde, jeden Tag.
Nun, nach Weihnachten, ist sie wieder mit ihrem Mann für eine Woche in den Familienurlaub aufgebrochen. Ich habe langsam das Gefühl bekommen dass sie sich nur das Beste aus beiden Welten hole, sicher nicht bewusst, aber vielleicht unbewusst. Dass ich eine Lücke fülle, die ihr Mann nicht füllt, dass sie aber den Komfort ihrer Ehe (und des gemeinsamen Elternseins) nicht aufgeben will. Sie hatte immer große Schwierigkeiten beim Gedanken an Patchwork, auch wenn es bei uns sicher viel einfacher ist als bei anderen, weil ihre Kinder mich ihr halbes Leben kennen und lieben (und umgekehrt) und auch sie und meine Tochter sich wirklich sehr gerne haben.
Das ewige Hin Her war eine irrsinnige Belastung für mich, und die Tatsache, immer nur ein paar Momente mit ihr zu haben und dann zum Beispiel 500m vor unseren Häusern aussteigen zu müssen um nicht gemeinsam anzukommen, und dann durch die Fensterscheibe in ihr Haus sehen zu können, wie sie mit ihrem Mann und den Kindern zu Abend isst, das hat meine Nerven irgendwann überstrapaziert. Dazu die Situation mit meiner Tochter, die ich nur noch selten sehen darf und die ich über alles vermisse.
Vorgestern habe ich dann die Nerven verloren und meine Nachbarin in ihrem Urlaub angerufen und ihr angekündigt, dass sich etwas bewegen muss und ich nicht mehr kann und dass ich es ihrem Mann sagen werde. Ich habe sie also erpresst, und darauf bin ich nicht stolz. Ich habe gesagt, ich rufe ihn gleich an, und das habe ich auch getan - allerdings war sie schon bei ihm, daraufhin habe ich nichts gesagt und aufgelegt. Und weiß, dass sie es ihm gesagt hat. Dass sie sich lange ausgesprochen haben (weiß ich von einer Freundin von ihr).
Ich rechne damit, dass sie nun alles daran setzen wird, um ihre Schuldgefühle und ihr schlechtes Gewissen, das sie tagtäglich belastet hat, wieder gut zu machen und alles dafür tun wird um dem Mann eine gute Ehefrau zu sein und den Kontakt zu mir vollständig abzubrechen. Mir hat sie nur geschrieben, dass sie noch nie so verletzt und hintergangen wurde wie von mir. Es tut mir so leid, ich konnte nicht mehr anders.
Wir haben tatsächlich schon gemeinsame Zukunftspläne gehabt, die bishin zu einem Haus im Süden reichten, ich hatte das Gefühl einer wirklich inniglichst tiefen Verbindung. Aber wenn diese Verbindung ein Seil war, ist das Seil immer wieder gerissen, sobald sie sich einer tatsächlichen Trennung von ihrem Mann angenähert hat. Und faktisch hat sie außer wundervollen Geschenken und vielen heimlichen Treffen mit mir nie eine tatsächliche Handlung gesetzt, die uns unseren Zukunftsplänen näherbrachten. Jegliche Entwicklung ist in ihrem Inneren passiert, aber nicht faktisch.
Ich kann mir die Situation nicht ausmalen, wie es wird, wenn sie nun wieder tagtäglich neben mir ist, und wir nicht mal mehr das heimliche, verbindende haben, sondern sie und ihr Mann auch wieder zärtlich miteinander werden. Der Mann ist emotional so abgeflacht, dass er meines Erachtens keinerlei Konsequenzen daraus ziehen wird und wahrscheinlich nicht mal ein Problem damit haben wird zur Arbeit zu fahren, im Wissen dass sie und ich dann ganz nah beieinander sind.
Nun beende ich meinen Roman. Ihr könnt Euch denken, dass es mir nicht gut geht, ich habe so viele Trennungen in dem Jahr und habe einen einzigen Scherbenhaufen. Sogar meine Katze ist vorgestern gestorben. Es kommt alles zusammen.
Meine Frage: War jemand von Euch schon mal in einer vergleichbaren Situation? Gibt es auch eine andere Sicht auf diese Dinge als zu sagen lass sie los, sie hat Dich gebraucht aber ihr hattet nie eine reelle Chance?
Ich komme mir gerade nämlich ziemlich einsam vor und könnte mir vorstellen, dass es hilft wenn ich mich anderen mitteilen kann.
Danke und liebe Grüße.
29.12.2021 13:53 •
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