Moin Julian,
ich habe in 'meinem' Faden schon länger nicht mehr vom Verlauf der Genesung berichtet.
Es freut mich daher auch besonders, dass Du ihn ausgebuddelt und gelesen hast.
Tja, hat sie Dich auch nach einer veritablen gemeinsamen Zeit einfach abgestriffen. Gibt es also noch mehr Frauen da draussen, denen entweder der Ar. in der Hose fehlt, eine sterbende Beziehung anzusprechen und stilvoll zu beenden, oder die sich einfach nicht die Bohne selber kennen, so dass sie nicht merken, wenn etwas falsch läuft.
Toll gefühlt habe ich mich während der letzten Monate selten, aber im Vergleich zu den ersten Wochen scheint mir im Augenblick die Sonne aus dem Hintern. Meine Wohnung ist echt eine kleine Schatzschatulle, gemütlich und nach meinen Vorstellungen gestaltet. Die Nähe zu meinem sozialen Umfeld wird mich aufgrund von Schlafmangel und Leberschaden zwar früh ins Grab bringen, aber es macht unglaublich Spaß, meine Leute in Fußentfernung um mich zu wissen.
Sowieso...., die Leute....., was ich mal wieder über Freundschaft erfahren habe...
Ohne diese Säule im Leben säße ich jetzt nicht grinsend hier und dächte nicht an den feinen gestrigen Abend auf dem Geburtstag eines Freundes und der anschliessenden Nacht in den Armen meiner jungen Dame, die so alles ganz anders macht als die Ex.
Ja, alles in allem ist es bei mir wieder cool, wie du hofftest.
Ich habe herausgefunden, dass viele der negativen Gefühle, die ich nach dem ersten Schock (und auch dem zweiten und dritten...) verspürt hatte, mit verletztem Stolz zu tun hatten.
Die Verletzung heilt langsam zu, sie ist noch da, ich spüre sie letztendlich jeden Tag, aber das Zwicken wird leiser und der Schmerz dumpfer.
Es gibt Rückschläge, sogar heftige (Rückgabe der gemeinsamen Wohnung inkl. erstem Aufeinandertreffen seit März Mitte letzter Woche), aber das sind normale Reaktionen. Ich habe ja wohl nicht geglaubt, dass mich eine solche Zäsur nicht noch länger und nachhaltiger beschäftigen würde?
Man muss sich Zeit nehmen, Zeit geben!
Und man sollte alles so bewusst wie möglich erleben. Klingt paradox, weil man den Schmerz, der mich teilweise mit einer Macht weggespült hat, deren Existenz ich nicht für möglich gehalten hätte, ja eigentlich fix loswerden möchte, aber der Schmerz ist so ein Geselle, der erst geht, wenn man sich mit ihm unterhalten hat. Hartnäckiger Kerl...
Ich fand und finde es sehr wichtig in dem Prozess, den Schmerz am Schopf zu packen und herauszufinden, wer er eigentlich ist. Ich zumindest kannte diese Intensität noch nicht; verlassen zu werden war für mich neu (muss auch kein Hobby werden, habe ich beschlossen).
Irgendwann sollte man sich klar darüber sein, was einem denn eigentlich so wehtut. Ist es tatsächlich der Verlust der Traumfrau (des Traummanns)? Ja? Wieso dann dieses unrühmliche Ende? Welche Traumfrau schnippt mich einfach weg wie eine Kippe?
Neee, nix Traumfrau. Liebe: ja, Traumfrau: nein.
Viel verletzter Stolz, spielt eine Rolle, viel Angst vor dem Alleinsein, vor der Einsamkeit ist dabei.
Auch die Versagensgedanken bescheren Schmerz, und man projiziert alles Gute der Welt in die Beziehung und den Partner. Verzeihung: Ex-Partner.
Wut spielt eine große Rolle, Zorn über die Art des Verlassen-Werdens. Wir beide wissen, wovon wir dabei reden...
Auch Eifersucht ist mit im Topf, mir haben die Gedanken an 'sie' mit einem Neuen anfangs quasi den Verstand geraubt.
Also ran an die Gefühle, genau hinschauen und verstehen, was was eigentlich ist, und woher es kommt. Wie fühlt es sich an, wenn ich die Ex in Gedanken vom Thron hole, wie, wenn ich ausspreche, dass ich unter verletztem Stolz leide.
Wir zerbrechen nicht daran, dass wir verlassen wurden. Wir zerbrechen daran, das nicht aufzuarbeiten!
Natürlich trauere ich einigem hinterher, 8 Jahre sind kein Pappenstiel. Aber ich kann es nicht ändern, dass sie sich ander orientiert hat, und ich muss auch nicht auf Knien durch die Gegend robben, damit mich eine Frau zur Kennntis nimmt, die nach 8 Jahren von einer Sekunde auf die andere große Augen macht und sich quasi zwischen Frühstück und Mittag entliebt hat.
Wer solche Kunststücke kann, hat in meinem Leben nichts mehr zu suchen. Das ist doch albern!
Du wirst aus Deinem Tal der Tränen wandern, Du bist letztlich längst auf dem Weg. Die Größe der Schritte, das Tempo der Bewegungen bestimmst zum großen Teil Du.
Es dauert, Abkürzungen nehmen ist nicht. Aber es geht voran, das kann man spüren, wenn man sich selber bewusst ist (- gaaanz wichtig!).
Viele, die hier seit Äonen trauern und sich ein Leben ohne den Ex auch nach Jahren noch nicht vorstellen können, lassen nicht los, lassen den Ex einfach nicht los. Das ist gefährlich und kostet unendlich mehr Kraft, als irgendwann einfach anzuerkennen, dass es vorbei ist und sich vom reagierenden Opfer zum agierenden freien Menschen zu wandeln.
Naja, jetzt habe ich hier einen langen Vortrag verzapft, das wollte ich eigentlich gar nicht.
Aber heute geht es mir einfach gut.
Ich habe viel verloren, aber ich habe ebenso viel gewonnen. Und an den bunten Tagen sehe ich das Gewonnene deutlicher als das Verlorene.
Jemand sehr liebes hier schrieb gestern (gestern?), sie fühle sich wie eine Schlange während des Prozesses der Ablösung und Neufindung. Häuten und abstreifen der alten Haut, immer und immer wieder. Das ist eine verdammt gute Beschreibung dessen, was ich kennengelernt habe seit März.
Also Julian, nicht kirre machen lassen, der Alarm spielt sich in Deinem Kopf ab. Damit kann man mehr anstellen, als man in der Phase der Hilflosigkeit glaubt.