Moin Moin !
Zu allererst mal ein dickes Kompliment für dieses Forum hier, was für eine Schatzkammer in zwischenmenschlich stürmischen Zeiten. Wirklich ein extrem starker Energiespender. Chapeu für alle die hier seelisch blank ziehen und auch ganz großen Respekt für die vielen aufmunternden und Rat gebenden Antworten.
Nun zu meiner Situation. Meine Frau (28) hat mich (31) gestern verlassen, nach 5 Jahren (2 verheiratet) wirklich wundervoller gemeinsamer Zeit. Ich habe Sie mehr oder weniger psychisch angeknackst kennengelernt, aus der toxischen Umgebung rausgeholt und Sie hat eine unfassbare Entwicklung hingelegt. Ich habe in ihr einen Rohdiamanten gesehen und war eigentlich sofort in sie verliebt. Verzaubert haben wir immer gesagt. Vom unsicheren jungen Mädchen, der grauen Maus, welche am liebsten unter dem Teppich lang kriecht, ist sie zu einer selbstbewussten, toughen Frau geworden . Wir haben gemeinsam ihr riesiges Job-Problem gelöst (mehrfach abgebrochene Studiengänge und Ausbildungen), wodurch sie nun auch endlich seit einigen Monaten gutes eigenes Geld verdient (IG-Metall). Davor habe ich die meisten Ausgaben getragen, aber ich habe auch viel mehr verdient als sie (Ausbildung) und verdiene generell ganz gut, sodass das für mich selbstverständlich war.
Mit der abgeschlossenen Ausbildung und der neu gewonnenen finanziellen Freiheit und Unabhängigkeit von mir fingen die Probleme irgendwie an. Sie war mental kaum noch ausgelastet weil auf der Arbeit nicht immer für den ganzen Tag etwas zu tun war und so begann irgendein Gedankenkarussel, an dessen Ende sie selbst nicht mehr so richtig wusste wer sie überhaupt ist oder wo sie mit sich hin soll.
Dieses Wegfallen der bisher schwersten Aufgabe im Leben hat sie mit so einer Leere zurückgelassen, dass sie sich immer mehr gefragt hat, ob das irgendwie schon alles war und das Grübeln begann. Sie neigt charakterlich zu extremer Grübelei wenn sie mental nicht ausgelastet ist, das muss man dazu sagen. Ich sagte zu ihr, kein Ding, orientier dich, ob du vielleicht mehr Aufgaben übernehmen kannst oder ob sogar nochmal ein Studium in Frage kommen würde. Von der Idee des Studiums war sie auch recht angetan zwecks eigener Zeiteinteilung und nicht 2 festgelegter Tage in der Woche wie beim Betriebswirt oder ähnlichen IHK Fortbildungen.
Nun kam es vor 2 Wochen zum ersten großen Gau. ich war beruflich für 14 Tage in den USA und wollte ein paar Sachen für unseren Kleingarten bestellen (wir haben uns den während der Corona-Zeit ergattert und haben es absolut geliebt, sind voll aufgegangen in gemeinsamen Projekten dort und haben aus einer Ruine etwas richtig schönes zusammen geschaffen - das war wirklich eine extrem glückliche Zeit, trotz aller Job-Katastrophen), wir hatten nur per Telegram bissel geschrieben und sie meinte, sie hat dieses Jahr nicht so Bock auf den Garten. Hab mir erstmal nix weiter dabei gedacht, aber die Alarmglocken waren schon etwas am Läuten, weil es in den vergangenen Jahren einfach unser absolutes Herzensprojekt war.
Sie hat während meines USA-Aufenthalts festgestellt, wie frei sie jetzt eigentlich ist, weil sie ja nicht mehr finanziell von mir abhängig ist und dass sie sich nicht mehr so auf meine Rückkehr gefreut hat wie früher. Für mich ist natürlich eine Welt zusammengebrochen, aber wir haben sehr lange geredet, weil es mir so vorkam als ob nicht sie zu mir spricht sondern eine andere Variante von ihr. Durch die ganzen psychischen Vorbelastungen hatte ich ja schon Erfahrung im Umgang damit. letztendlich führte das zu der Aussage, dass sie sich selbst irgendwie nicht mehr vertraut, ihren Gefühlen, ihren Eindrücken, unserem Zusammenleben und einen extremen Hunger nach neuen Erfahrungen hat, als ob sie etwas verpassen würde wenn wir weiter unser langweiliges (bis dahin von beiden als wundervoll wahrgenommenes) Leben führen.
Wir haben dann gemeinsam gebohrt und gesucht und sind letztendlich auf eine Art Jugend-Trauma gestoßen, da sie sich während ihrer Jugend/Pubertät nie ausleben konnte (Ablehnung/Mobbing) und extrem von zu Hause behockt/begluckt wurde (absolut überfürsorgliche Mutter mit esotherischem Einschlag, Schamanismus etc.). Sie hat sich wirklich aufrichtig entschuldigt und war richtig erschrocken, wie sie mit so einer Laune fast alles an die Wand gefahren hat. Ich meinte, ist okay, das warst nicht du und wir können einfach gemeinsam bissel Pepp in die ganze Sachen bringen. Haben wirklich offen über alles gesprochen. S., Alltagsveränderungen, neue Leute kennenlernen (wir sind/waren beide eher introvertiert und nur in unserer Paar-Bubble unterwegs). Damit war für mich die Kurve nochmal gekratzt und nach dem 5h-Gespräch dachte ich auch wirklich wir können zusammen daran arbeiten und wachsen.
Gestern sagt sie nun, sie kann so auf keinen Fall weitermachen, hat Schlafstörungen und Herzrasen und hat den enormen Drang in sich, neue Dinge zu erleben und vor allem Aufgaben alleine zu bewältigen, weil sie ständig von anderen (Mutter, Ex-Freund, dann ich) unterstützt wurde und noch nie wirklich selbst auf sich allein gestellt war. Dagegen war ich natürlich machtlos mit rationalen Argumenten...wie soll man gegen so einen inneren Trieb bestehen. Vor allem war ich ja nicht wie sonst der Unterstützer bei einem externen Problem, sondern ich und unser gesamtes Leben, was ihr so viel Kraft und Halt für ihre Entwicklung gegeben hat, das war nun zu beengt und wie ein Käfig, und damit selbst zum Problem geworden.
Ich wollte es gar nicht wahr haben, wie sie sich in so kurzer Zeit einfach charakterlich um 180° gedreht hat und habe sie gefragt, ob das wirklich sie ist, die da mit mir spricht. Sie weiß/wusste es nicht
Sie ist nun gestern Abend ausgezogen, ich war völlig am Boden, hab zum ersten Mal seit bestimmt 20 Jahren richtig geheult. trotz eigentlich sehr großer Resilienz - musste schon einige harte Schicksalsschläge wegstecken.
Als ob einem einer das Leben unter den Füßen wegzieht. Wir waren eigentlich in der ganzen Zeit in unserer eigenen Bubble unterwegs, sodass ich richtig starke Angst vor Einsamkeit hatte. Ich bin hier in einer eigentlich fremden Stadt (Lübeck) und sah das mehr oder weniger nur mit ihr zusammen als mein zu Hause an. Die krasse Angst vor Einsamkeit hat sich nach ein paar Telefonaten mit Freunden in der Heimat (Sachsen-Anhalt) wieder gelegt, weil ich doch schon sehr warm zurückempfangen wurde, trotz eher spärlicher Pflege der Connections während der Beziehung.
Ich werde zusehen, dass ich mich in die Heimat versetzen lassen kann (Beamter), dort gibt es die gleiche Tätigkeit die ich auch hier ausführe in der Nähe meiner ganzen Freunde. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen, ist aber ein großer Wunsch von mir, den ich auch etwas unterdrückt hatte während der Beziehung weil sie nie dazu bereit gewesen wäre mit mir zu kommen (sie kommt hier aus dem Norden und kann mit den Ossis nix anfangen, nur mit mir bis gestern ) Nicht falsch verstehen, mit ihr wäre ich überall hingezogen, ganz egal, aber ohne sie wünsche ich mir nichts sehnlicher, als in eine Art Schutzraum zurückzukehren (Sachsen-Anhalt) weil ich dort echt gute Freunde habe und mich geborgen fühle.
Was wurmt mich am meisten? Das Gefühl, mir mit dem ganzen Support über die vielen Jahre letztendlich mein eigenes Grab geschaufelt zu haben. Unsere Beziehung und die Sicherheit darin hat sie zu der starken Frau gemacht die sie heute ist, oder zumindest die Rahmenbedingungen dafür geschaffen und plötzlich ist das alles zu langweilig. Es war psychisch keine Beziehung auf Augenhöhe, aber das war nicht entscheidend für mich, da sie in ihren guten Zeiten trotzdem extrem liebevoll war. Man kann sich ja gemeinsam weiterentwickeln, aber nein, es muss einfach allein sein und es muss jetzt sofort sein. Fühle mich schon bissel ausgenutzt und einfach irgendwo ausgekotzt und liegen gelassen. Muss erstmal wieder zu mir selbst finden, weil ich wirklich sehr in der Beziehung aufgegangen bin. Fühle mich so, als ob ich mit meiner Vorstellung von einem glücklichen Leben irgendwie falsch bin (eher einfache Sachen, viel Dankbarkeit für kleine Dinge, viel Aufmerksamkeit) und damit auf ganzer Linie gescheitert bin. Mit 31 ist sicher noch nicht aller Tage Abend, aber der Impact war und ist einfach richtig brutal.
Auf der einen Seite denke ich, gegen diesen unfassbar starken Trieb endlich unabhängig zu sein bin ich einfach machtlos wo auch immer der herkommt, andererseits frage ich mich natürlich, ob ich das ganze nicht irgendwie getriggert/begünstigt habe, durch zu viel Fürsorge und Umkümmern. Das hätte man doch auch regeln können, einfach mal paar Worte sagen und nicht alles in Scherben treten was man sich zusammen aufgebaut hat. Die Situation muss ja derart ausweglos für sie gewesen sein, ich kann mir das gar nicht vorstellen. sie war innerhalb von wenigen Wochen regelrecht angewidert von unserer Art zu leben. Da zweifel ich auch hart an meiner Menschenkenntnis, aber das ist einfach nicht mehr die Persönlichkeit in die ich mich verliebt habe. Die Wesensänderung fand nur dermaßen schnell statt, dass ich keine Chance hatte mitzuhalten. So erkläre ich mir das zumindest. Ich bin ein sehr rationaler Mensch und versuche mir Dinge immer irgendwie logisch herzuleiten, aber kein Grübler. dadurch dass sich das Ganze überhaupt nicht logisch erklären lässt, hänge ich trotzdem im Gedankenkarussel fest und hab schubweise Herzrasen und eine permanente innere Unruhe.
Anderen Mann kann ich ausschließen, das hätte sie mir auch ehrlich gesagt. Es irgendwas in ihr, was sie mit sich selbst klären muss und wobei ich und unser Alltag scheinbar stören.
Das Gute an der Sache ist, dass dieser neue Anspruch, das Leben allein bewältigen zu wollen, dazu führt dass sie keinerlei Unterhalt oder sonstige Geldleistungen fordern wird. Ihr tut es auch wirklich leid, das glaube ich ihr, wir gehen nicht im Streit auseinander. aber irgendwo habe ich sie verloren und es nicht gemerkt. Dahingehend mache ich mir Vorwürfe, aber man kann einfach nicht alles erahnen. irgendwann muss der andere Part seine Bedürfnisse auch klar kommunizieren und das hatten wir ja mit dem ersten Gespräch (nach den USA) auch ausführlichst getan und uns darauf verständigt, all die Punkte oben gemeinsam anzugehen. Es war nur irgendwie zu langsam oder sogar schon zu spät. Ich weiß nicht, wo und wann ich sie verloren habe, sie kann es mir auch nicht sagen, aber sie weiß momentan auch gar nicht so richtig wer sie ist. Das ist ein reiner Flucht-Instinkt/-Reflex, so scheint es mir.
Es ist jetzt erst 1 Tag vergangen, aber das nächtliche Herzrasen und die innere Unruhe ist wirklich sehr präsent. ich versuche immer schrittweise alte Bilder und Textdokumente (wir haben uns oft Liebesbriefe und ähnliches geschrieben) zu löschen. Ich bin in unserer Wohnung geblieben und will auch nicht umziehen, weil ich ja ohnehin den Plan in Richtung Heimat verfolgen will. Einerseits ist sie soweit weg von sich selbst und hat in mir wirklich alles zerbrochen, ich ertappe mich aber immer noch wie ich ihr dabei helfen möchte, zu sich selbst zurückzufinden weil ich diesen krassen Charakterwandel nicht wahrhaben/hinnehmen will. Andererseits könnte ich sie nie wieder zurücknehmen, dafür komm ich mir viel zu sehr ausgenutzt und stehen gelassen vor. Zumal mit der gedanklichen Verfestigung der Rückkehr in die Heimat eine gemeinsame Zukunft eh hinfällig ist. Wenn ich genug Geld hätte, würde ich einfach kündigen und mich ins Auto setzen, aber dazu fehlen noch ein paar Peseten Mein innerer Drang nach den guten Freunden, Heimat und Sicherheit ist gerade sehr sehr groß.
Sport ist ein großes Lebenselixier für mich, alles von Fitnessstudio, über Laufen, Radfahren. aber das haben wir auch immer alles gemeinsam gemacht. Ich muss irgendwie wieder zu mir selbst zurückfinden, weil ich mich in den letzten Jahren scheinbar (merke ich auch jetzt erst, weil es ja nie schlimm war) zu sehr um meine Ex-Frau gekümmert habe.
Ich weiß auch, vor allem nach der Lektüre in den anderen Threads, dass ich mit meinem Schicksal noch glimpflich davon gekommen bin, aber der individuelle Schmerz ist natürlich trotzdem da, auch wenn man sich nicht um Finanzen oder Kinder streiten muss.
Ziemlich unstrukturierte Wall of Text, hab einfach runtergeschrieben wie es mir in den Sinn kam. Danke fürs Lesen und jegliche Anteilnahme ! Das Forum ist wirklich der Hammer Allein das Stöbern in den anderen Schicksalen - so markaber wie das klingen mag - nimmt einem schon etwas das Gefühl der Einsamkeit.
28.05.2023 20:49 •
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