Liebes Pferdemädchen,
zunächst stimme ich mal mit ein: ich fühle mit Dir mit und Du brauchst keinerlei Schamgefühl zu empfinden, dass Du die Trennung noch nicht überwunden hast. Alles braucht seine Zeit, das wichtigste ist Geduld und Selbstmitgefühl in dieser Phase. Ich habe ähnliches erlebt, mein Ex hat sich jedoch getrennt und war nach zwei Monaten bereits mit jemand Neues zugange, mit der er nach meiner Vermutung immer noch zusammen sein dürfte. Aber ich weiß es nicht. Viele Menschen hier in diesem Forum haben ähnliches erlebt, sie wurden verlassen und haben verlassen. Relativ schnell ging der Ex-Partner/die Ex-Partnerin eine neue Beziehung ein.
Du wirst Dir wahrscheinlich bereits einen Wolf gesucht haben, was Gründe dafür sein können. Natürlich gibt es hier jede Menge Erklärungen. Angefangen bei er/sie hat sich bereits vorher ordentlich Gedanken gemacht, hat die Trennungsarbeit noch in der Beziehung verrichtet, war bereits entliebt und kann so einfach schneller wieder etwas neues beginnen, weitermachen, von vorne anfangen.
Dann gibt es die Theorie, dass Trennungsarbeit einfach garnicht gemacht wird oder sogar in der neuen Beziehung und hinter dem schnellen Partnerwechsel ein Muster steckt. Das habe ich persönlich erlebt. Mein Ex hat in unserer Beziehung sogar zwei vorhergehende Partnerschaften verarbeitet. Oft hatte ich das Gefühl er streitet eigentlich mit diesen beiden Personen und ich war die Stellvertreterin, auf die alles projeziert wurde und die vieles abfangen musste.
Damit will ich sagen, bitte gebe Dir selbst die Zeit, die es braucht, um diese Erfahrung soweit zu verarbeiten, damit Du und ein neuer Partner einen guten Ausgangspunkt für eine neue Beziehung habt. Das solltest Du Dir selbst und einem neuen Menschen fairerweise ermöglichen. Unverarbeitete Ereignisse können stark in uns nachwirken und so Partnerschaft erschweren.
Ich bin, genauso wie Du, noch längst nicht so weit jemand Neues an mich heranzulassen, nicht mal Daten möchte ich. Vornehmlich möchte ich mich das nächste Mal eine andere Form der Beziehung führen, die gesund und erfüllter ist als die Beziehungen zuvor, was ich aber nur ermöglichen kann, wenn ich es selbst bin.
Die Gedankenkreisläufe über das, was die beiden da jetzt miteinander anstellen, kenne ich nur zu gut. Sie haben mich lange begleitet und ich habe mich damit Monate gequält. Uh war das schmerzhaft und zerstörerisch. Mein Ego hatte ordentlich daran zu knabbern, und auch jetzt sticht es noch hier und da, aber es geht nicht mehr so tief, ist nicht mehr so existenziell.
Was hat mir geholfen und nicht geholfen: ich habe mir zunächst Ersatzabhängigkeiten gesucht, Interforen, Rauchen, Daten. Ich durfte feststellen, dass ich das kein Stück weitergebracht hat, ich habe mich selbst kaputtgerieben an diesen Dingen. Der Druck war groß es ihm zeigen zu wollen. Doch was hätte es gebracht, mal abgesehen davon, dass ich keinerlei Erfolg hatte. Mich selbst nur noch tiefer in das Loch getrieben habe.
Aber es hat mich auch dahin gebracht, wo ich jetzt bin, ich habe Erkenntnisse über mich und meine Muster erhalten. Also Du siehst alles hat seinen Sinn und Zweck, keine Erfahrung ist umsonst! Nichts ist Zufall meine Gute. Alles ist besonders, es gibt keine wirklichen schlechten Momente. Nur unsere Vorstellungen und Bewertungen machen sie zu schlechten Momenten. Alles, was Dir gerade widerfährt, ist in Dir. Es ist die Summe der Erfahrungen, die Deinen derzeitigen Status quo zu dem machen, wie er ist. Das heißt nicht, dass die Dinge, die Dein dämlicher Ex da vollzogen hat gutgeheißen werden sollen. Jedoch ist es nun an Dir die Umstände anders zu bewerten.
Die Vergangeheit ist unwiderbringlich vorbei, sie lässt sich nicht rückwirkend verändern. Nur Dein Hier und Jetzt lässt Dir die Wahl es anders zu machen und zwar für Dein zukünftiges Ich. Das sind alles sehr schmerzhafte Prozesse, die wir durchlaufen, um daraus verändert hervorgehen zu können, wenn wir es zulassen.
Es ist nicht einfach Pferdemädchen und niemand wird die Arbeit für Dich machen können, auch kein neuer Partner, übertrage diesem nicht diese Verantwortung. Sei stattdessen zunächst liebevoll zu Dir selbst, finde Trost in dem, was Du Dir selbst geben kannst. Auch das ist nicht einfach, weil es so aussieht, als wäre da zur Zeit nicht viel, was Du Dir selbst geben kannst. Aber das ist nicht wahr. Erkenne, dass nur Du die Wahrheit erkennen und Leben kannst. Es ist Deine eigene Wahrheit und sicherlich wird es jemanden da draußen geben, der diese Wahrheit über Dich selbst mit Dir leben möchte, der seine Wahrheit mit Dir teilen möchte und der erkennt, dass es ausreichend Schnittstellen gibt, damit ihr diese zusammen vereinen und eine neue erschaffen könnt, gemeinsam.
Mache das Beste aus dieser bescheidenen Situation. Deshalb, was hat mir geholfen: das Durchgehen durch den Schmerz, mache ich immer noch. Dann der Aufbau dessen, was bereits da ist und das Entdecken neuer Möglichkeiten. Alles ist bereits da, entdecke es, das darfst Du jetzt.
Melde Dich doch mal für Workshops an, die Du zuvor noch nicht in Betracht gezogen hast. Ich habe mit Gesangsunterricht angefangen, einen Improtheater-Workshop gemacht, bin alleine gereist, habe Freundschaften reaktiviert, Bewegung ist wichtig. Tanze, mache Sport, mache Yoga. Mir hat Meditation geholfen, in die Stille zu gehen.
Mein neuestes Projekt ist eine neue Ausbildung neben dem Beruf zu beginnen und eine Reise nach Beirut. Mensch, da sind ganze Universen, die sich mir da auftun. So viel Schönheit im Leben, die ich vorher nicht sehen wollte. Partnerschaften verstellen uns oftmals den Blick für das, zu was wir wirklich fähig sind. Allein, wenn ich daran denke, wird mir ganz warm ums Herz und ich fühle mich so erfüllt von Liebe.
Diese Quelle ist in Dir liebes Pferdemädchen, finde sie und lasse diese Quelle fließen, zunächst nur in Dir selbst, dann zu Familie, Freunden, Kollegen und dann in einer neuer Partnerschaft. Es kann nur mehr werden, nie weniger, weil Liebe immer da ist, wir können sie nur manches Mal nicht sehen, vor lauter Bäumen.
Ich umarme Dich.
10.08.2019 07:22 •
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