Moin Andres,
sehr gut gefällt mir der Beitrag von „Wirdschon“ zu deinem Thema. Ergänzend dazu möchte ich gern noch mal schreiben, was ich in ähnlichen Sachlage hier schon öfter klar gestellt habe:
Es geht nicht in erster Linie darum, „ihr zu verzeihen“, weil du so ein großzügiger Mensch bist. Es geht ausschließlich darum, ob du sie an deiner Seite behalten möchtest oder nicht. Wenn du das nicht willst, dann ist alles klar und es geht nur um die sachliche Klärung der Finanzen und den Scheidungsantrag.
Wenn du sie aber gern an deiner Seite behalten möchtest, weil du sie wertschätzt, ihr viele Gemeinsamkeiten habt und euch sehr gut versteht, weil ihr euch gegenseitig bereichern könnt und ein gutes gemeinsamen Leben führt – dann geht es nicht um das großzügige VERGEBEN, sondern du tust das, was du tun musst, DEINETWEGEN. Nicht ihr zu Liebe, ihr zu Gefallen, sondern weil es FÜR DICH schöner ist, mit ihr zusammen zu bleiben – oder nach einer kurzen Pause wieder zusammen zu kommen.
Du bist dann nicht der Richter, der den Daumen hoch oder runter hält, sondern du möchtest sie gern bei dir behalten, obwohl du an ihr eine Seite entdeckt hast, die dir ganz und gar nicht gefällt. Die Tatsache, dass sie so etwas getan hat, gehört dann zum Gesamtbild von ihr, das sich durch ihre Affäre verändert hat. Sie ist jetzt anders als vorher, weil du mehr von ihr erfahren hast, es haben sich also Anteile an ihrer Persönlichkeit gezeigt, die du nicht kanntest und die dir gar nicht gefallen. Aber sie ist in den anderen Anteilen immer noch die Frau, die dir gut tut, die du gern um dich hast und mit der du weitgehend dein Leben teilen willst. Nicht weil du ihr großzügig vergibst, sondern weil du das so willst.
Das scheibchenweise Zugeben ist normal. Unter anderem auch, weil man nicht mehr kaputt machen will als eben nötig. und das ist wichtig, wenn man zusammenbleiben will. Wenn also beide das wollen. Denn bei jeder insistierenden Frage und jedem Bloßstellen der Wahrheit bekommt dein Kopfkino neuen Stoff. Das kriegst du irgendwann nicht mehr verarbeitet.
Deine Frau ist also nicht mehr diejenige, die du damals gefördert und der du geholfen hast, hier Fuß zu fassen. Sie muss nicht „aus Dankbarkeit treu und ehrlich sein“, sondern sie ist frei, selbständig und selbstbestimmt. Das hat sie ausgenutzt und ihr Handeln hat eure Ehe entweder beendet oder stark belastet. Das könnt ihr einerseits gemeinsam herausfinden. Andererseits entscheidest du, ob du mit diesen Erkenntnissen leben kannst.
Wenn du dich für ein weiteres Zusammenleben entscheidest, werdet ihr nach und nach mit einigen großen Herausforderungen konfrontiert. Aber die kann man oft bewältigen, wenn man die Beziehung weiterhin möchte. Aber dann nie unter der Überschrift „Ich tu das ihr zu Liebe und vergebe ihr“ sondern unter der Sichtweise „Ich möchte sie gern an meiner Seite behalten und akzeptiere, dass sie eine Affäre hatte“. Dass das dann die letzte und einzige Affäre war, wirst du sicher einfordern. Und das ist normal. „Beim nächsten Mal trennen wir uns“ ist auch eine Vereinbarung, die man treffen kann.
04.12.2022 08:30 •
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