Hallo an Alle
Ich bin neu hier und habe vorerst, wie wahrscheinlich einige von uns, versucht mir anhand der bereits bestehenden Beiträge zu helfen. Jetzt hab ich mich doch dazu durchgerungen selbst einen zu verfassen, da ich glaube, es kann mir in meinem Verarbeitungsprozess helfen, wenn ich mich mit anderen Betroffenen austausche.
Kurz zu mir, ich bin weiblich und 30 Jahre jung. Bis vor 3 Wochen dachte ich, dass ich eine gute, wenn auch manchmal durchwachsene Beziehung mit meinem Exfreund (31) führe. Leider wurde ich ziemlich hart eines besseren belehrt.
Unsere gemeinsame Geschichte hat im Jahr 2007 begonnen, als wir uns zufällig durch eine gemeinsame Freundin kennengelernt haben. Schnell war klar, dass wir zusammen durchs Leben gehen möchten, auch wenn wir zu dem Zeitpunkt noch sehr jung waren. Die ersten zwei Jahre waren bereits nicht ganz einfach, da er mich nach ca. 1,5 Jahren mit genau der Freundin, durch die wir uns kennengelernt haben, betrogen hat. Es war eine einmalige Sache, dennoch hat das natürlich einen Riesen Vertrauensbruch bedeutet. Er ging daraufhin zurück in seine Heimatstadt (ca. 130 km von mir entfernt) und wir waren offiziell in etwa ein Jahr nicht zusammen. Wir hatten dennoch ständig Kontakt und uns auch oft getroffen in dieser Zeit. Bis ich dann 2009 genug hatte von dem hin und her und ihn vor die Wahl gestellt habe, entweder ganz oder gar nicht. So wurde wieder ein Paar aus uns, er hat sich sehr bemüht um den Betrug wieder gut zu machen. Natürlich ist das Vertrauen nicht von heute auf morgen wieder gewachsen, aber das würde hier jetzt den Rahmen sprengen. Alles in allem lief unsere Beziehung danach besser weiter als vorher.
Aufgrund unserer laufenden Ausbildung + Studium vergingen die Jahre unserer Fernbeziehung sehr schnell, wir haben uns jede Woche gesehen und es war eine schöne Zeit. Nachdem ich sowohl meinen Bachelor als auch Master abgeschlossen hatte, drängte ich 2017 immer mehr darauf, zusammenzuziehen. Nach über 10 Jahren war das für mich der nächste logische Schritt. Im Herbst 2017 fing er dann zum ersten Mal an, sich zu verändern. Er war abweisend zu mir und sagte mir, dass er im Moment nicht wisse was los sei, er aber seine Ruhe haben möchte. Es war zu diesem Zeitpunkt aber nie die Rede von Trennung, lediglich dass er sich unsicher sei mit allem. Natürlich hat mich das sehr verletzt und ich hatte einige Zeit Angst, dass er sich von mir trennen könnte. Nach ca. 2 Wochen war diese Phase wieder vorbei, auch wenn meine Unsicherheit wesentlich länger anhielt. Da er sich immer noch nicht so wirklich festlegen wollte habe ich Nägel mit Köpfen gemacht, in meiner Heimat meinen Job gekündigt und mir in seiner Stadt einen neuen gesucht. Natürlich habe ich vorher darüber mit ihm gesprochen, er hat immer den Eindruck gemacht, dass es für ihn so auch okay ist und er sich freut. Schlussendlich bin ich dann im April 2018 zu ihm gezogen, im Mai haben wir unsere erste gemeinsame Wohnung bezogen.
Ich hatte im Job im ersten Jahr sehr zu kämpfen, war mir lange nicht sicher, ob ich beruflich die richtige Entscheidung getroffen habe. Den Umzug an sich habe ich jedoch nie bereut. Auch beruflich hat sich Mitte diesen Jahres meine Einstellung entscheidend geändert, ich habe mich wohlgefühlt bzw. fühle mich immer noch wohl und von meinen Kollegen und vor allem auch von meiner Vorgesetzten sehr geschätzt.
Mit Anfang November hat sich mein Freund plötzlich wieder sehr verändert. Er wurde wieder mehr und mehr abweisend, zog sich zurück und suchte nur selten meine Nähe. Es gab Tage, an denen konnte ich merken, dass er sich sehr bemüht. Und dann gab es wieder Tage, an denen fühlte ich mich einfach nur überflüssig und hatte den Eindruck, ich würde ihn nerven. Bis zu diesem Zeitpunkt lief es eigentlich recht gut zwischen uns, wir haben uns sehr schnell an das gemeinsame Zuhause gewöhnt und wussten unsere wunderschöne Wohnung sehr zu schätzen. Ebenso haben wir Ende Mai letzten Jahres einen kleinen Kater zu uns geholt, der uns sehr viel Freude bereitete. Kinder waren bisher noch nicht wirklich ein Thema.
Ich habe ihn natürlich öfters auf sein geändertes Verhalten angesprochen, wollte wissen was ihn beschäftigt. Ich habe mich zurückversetzt ins Jahr 2017 gefühlt und hoffte, dass es wieder nur eine Phase ist, die schon irgendwann vorübergeht. Aber das ist nicht passiert, ganz im Gegenteil.
Als mein Exfreund Ende November mit Freunden einen Kurztrip gemacht hat (war schon lange geplant) habe ich etwas getan, was ich in 13 Jahren nie gemacht habe - ich habe in sein Diensthandy geschaut und was ich dort gefunden habe, hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Er hatte Kontakt mit einer anderen Frau, ebenfalls seit vielen Jahren vergeben, seit ca. 4 Monaten. Sie haben sich auch öfters getroffen, meist zum Mittagessen. In der letzten Woche bevor ich es herausfand, haben sie sich jedoch auch zweimal abends getroffen - als ich in der Zwischenzeit alleine Zuhause war und dachte er trifft sich mit Freunden.
Ich habe ihn sofort mit meinem Wissen konfrontiert, obwohl er gerade im Ausland war. Im ersten Moment hat er mich angefleht sich erklären zu dürfen wenn er wieder Zuhause ist, er möchte das klarstellen und mit mir darüber reden bevor ich meine Konsequenzen ziehe. Im Endeffekt war er jedoch der Einzige, der Konsequenzen gezogen hat. Zwei Tage später hat er sich in einem persönlichen Gespräch unter Tränen von mir getrennt. Er könne damit nicht leben, was er mir angetan hat. Auch wenn er betonte, dass zwischen ihm und dieser Frau nichts gelaufen ist, konnte er mir nicht versichern, dass er es schaffen würde den Kontakt zu ihr abzubrechen.
Ich bin daraufhin sofort aus der gemeinsamen Wohnung gegangen, übernachte seit nun 3 Wochen mal hier mal da. Ich bin krankgeschrieben, da ich im Job schnell gemerkt habe, dass die nötige Konzentration völlig fehlt. Meine Welt ist seit 3 Wochen eine gänzlich andere, da ich es nicht habe kommen sehen. Ich habe mir gedacht, dass er eine gewisse Unsicherheit verspürt, aber niemals hätte ich mit einem derartigen Betrug gerechnet. Das mag für viele vielleicht naiv erscheinen, aber ich war mir ab einem gewissen Punkt unserer Beziehung doch sehr sicher, weil ich immer dachte, dass man die Vertrautheit, die man sich in 13 Jahren aufbaut, niemals für etwas völlig neues aufgeben würde. Tja.
Wir hatten in den vergangenen 3 Wochen manchmal Kontakt, meist ging es aber nur um die bereits gekündigte Wohnung oder um die Versorgung unseres Katers.
Irgendwann hab ich ihn dann gefragt, warum und wieso. Weil ich es einfach nicht verstehen kann. Ich akzeptiere es, aber ich verstehe es nicht.
Er hat mir daraufhin gesagt, dass er nicht weiß ob er noch Gefühle für mich hat, er aber einfach zu große Angst hat etwas zu verpassen. Wir waren beide die erste Beziehung für den anderen. Er wisse nicht was er glaubt verpasst zu haben, er hat nur bei den Treffen mit der anderen Frau gemerkt, dass er es spannend und aufregend fand, das könne er nicht leugnen. Er meinte außerdem, dass er es für ziemlich wahrscheinlich erachtet, dass er sich in ein paar Monaten denkt, dass er einen Riesen Fehler gemacht habe. Aber er kann nicht weitermachen, ohne zu wissen ob er etwas verpasst hat. Sicher kann er sich laut eigener Aussage mit seiner Entscheidung unmöglich sein, weil er ja selbst nicht wisse was ihn erwartet, er das jetzt aber machen muss. Auf die Frage ob er eine neue Beziehung möchte (zB. mit der Frau, mit der er sich getroffen hat, hat er geantwortet, dass er nur eines möchte. Wissen was er eigentlich will.
ich habe mir in der Zwischenzeit in meiner Heimat eine neue Wohnung gesucht, die ich am 1.2.2020 beziehen werde. Wie die Zeit bis dahin wird, kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Im Allgemeinen kann ich mir ein Leben gänzlich ohne ihn derzeit nicht vorstellen. Er war knapp die Hälfte meines Lebens meine wichtigste Vertrauensperson, da ist es schwer sich zu sagen, dass das Leben schon irgendwie weitergeht und lebenswert ist. Ich habe bereits angefangen ein paar meiner Sachen in der Wohnung zu packen (ich war zwischenzeitlich 2 Tage dort, weil er nicht da war), das hat mir wirklich das Herz gebrochen.
Kommendes Wochenende muss ich wieder für 3 Tage in die Wohnung, weil er wieder nicht da ist und wir niemanden für unseren Kater haben. Davor graut mir extrem, da ich diesmal niemanden habe der Zeit hat mitzukommen. Ich habe wirklich große Angst, in diesen Tagen in der Wohnung völlig den Halt zu verlieren und zu verzweifeln. Das mit der neuen Wohnung habe ich ihm noch nicht erzählt.
Dann ist da ja auch noch mein Job, den ich in 2 Wochen wieder versuchen werde zu bewältigen. Auch kann ich so einfach nicht kündigen (brauche natürlich vorher etwas neues), das heißt, dass ich dann erstmal von meiner neuen Wohnung 130km in die Arbeit pendeln muss. Ich arbeite 12-Stunden-Schichten, daher muss ich zumindest nicht jeden Tag fahren. Dennoch ist das zusätzlich eine große Belastung für mich.
So, nun bin ich am Ende angekommen. Warum habe ich das hier alles aufgeschrieben?
Weil ich hoffe, dass Menschen mit ähnlichen Erfahrungen sich mit mir austauschen möchten, um uns gegenseitig zu helfen.
Mich würde interessieren, was ist es, wovor Männer (und sicher auch Frauen) Angst haben es zu verpassen? Warum setzt man eine langjährige Beziehung aufs Spiel bzw. beendet diese um sich ins Ungewisse zu stürzen? Sind die Männer in diesen Fällen auch zeitweise unglücklich, oder sich ihrer Sache immer sicher? Gibt es womöglich auch Erfahrungsberichte, bei denen in solchen Fällen der Verlassende auch irgendwann zurück möchte? Ich frage das alles nur aus Interesse, nicht weil ich mir im Moment mehr erhoffe.
Ich freue mich über jede Antwort und hoffe, dass meine Geschichte nicht ungelesen bleibt. Man fühlt sich ja so schon sehr alleine und einsam, egal wie viele Menschen um einen rum sind. Die Feiertage machen es nicht gerade besser.
Viele liebe Grüße an Alle,
allesanders
21.12.2019 15:02 •
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