Hallo!
@TooLate
Ich kann Dir nur sagen, wie ich damit umgehe, wenn ich mit solchen Fällen konfrontiert bin.
Die erste und entscheidende Frage ist immer: Haben beide die Bereitschaft, konstruktiv mit der Situation bzw. einem bestimmten Vorfall umzugehen und sich damit auseinanderzusetzen, oder ist das eben nicht der Fall.
Wenn dem so ist, dann geht es zunächst darum, herauszufinden, weshalb die (destruktiven) Emotionen gar so in die Höhe geschnellt sind, daß dadurch sogar die ganze Beziehung in Frage gestellt wird. Denn es ist ja nie so, daß irgendein vereinzelter bestimmter Vorfall eine solche Zerstörungswut auslöst, sondern dieser Vorfall öffnet sozusagen einen Deckel, und dann brechen alle zerstörerischen Emotionen und bösen Geister, die bereits da waren, auf einmal hervor. Meist hat das nicht einmal etwas mit dem Partner bzw. der Beziehung und entsprechenden Vorereignissen zu tun, sondern das reicht oft weit zurück, bis in die Kindheit. Alle Verletzungen und Kränkungen bzw. die damit verbunden negativen Emotionen werden mit einem Schlag hochgespült, und dann fühlt sich das alles natürlich unglaublich verletzend und dramatisch und nicht zum Aushalten an.
Ohne das in aller Breite ausführen zu wollen, ist es in vielen Fällen so, daß Kinder einen Elternteil exquisit für sich beanspruchen wollen. Da das aber natürlich nicht gelingt (außer in Ausnahmefällen vielleicht), erleben sie hier eine grundsätzliche Kränkung, die sie dann im späteren Leben nicht noch einmal erleben wollen und daher den Partner ganz für sich beanspruchen (manche sind ja sogar eifersüchtig auf die eigenen Kinder, wenn der Partner sich mehr diesen als ihnen widmet). Wenn es dann zu einem Vorfall kommt, der den Betreffenden zeigt, daß sie nicht die Macht und Kontrolle über den Partner haben, die sie gerne haben würden, reagieren sie dementsprechend überschießend und richtiggehend im Affekt.
Jedenfalls gilt es zunächst einmal zu klären, woher die Heftigkeit der Emotionen kommt und weshalb gleich alles dem Boden gleichgemacht werden muß.
Das nächste ist, den Vorfall selber zu besprechen. Denn dabei ist oft das Verhängnis ja, daß der Vorfall vom Verletzten persönlich genommen wird, als gegen ihn gerichtet, obwohl das (außer bei Racheaktionen) durchaus nicht der Fall ist. Und je nach Vorfall muß man sich eben auch mit der Geschichte des Vorfalls auseinandersetzen, wie es dazu gekommen ist, was es damit auf sich hat, was die eigentlichen Hintergründe sind usw. Es geht also darum, ihn aus dem Konflikt, aus der emotionalisierten Atmosphäre herauszulösen und alle Zusammenhänge sachlich zu verstehen.
Unter diesen Voraussetzungen kann man sehr vieles lösen, was zunächst ganz katastrophal erschienen ist. Nur wird dazu in der Regel ein Mediator nötig sein, damit eben die eigenen Sichtweisen, auf die man sonst einfach beharrt, auch hinterfragt und sachlich betrachtet werden. Ansonsten sitzt man nur da wie das Kaninchen vor der Schlange, und es bewegt sich nichts.
Ist es allerdings so, daß jemand eben nicht bereit ist, sich mit den Dingen auseinanderzusetzen auf eine sinnvolle und konstruktive Weise, dann bleibt nichts anderes, als das zu akzeptieren und auch die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Vor allem, wenn man noch tiefere Gefühle hat, keinen Kontakt mehr zu haben, auch wenn vielleicht noch irgendwo leise Hoffnungen bestehen oder sogar gemacht werden. (Selbst dann nämlich, wenn die Beziehung doch mit Ach und Krach wieder irgendwie zu kitten wäre, würde man sich damit nichts Gutes tun, weil einem diese Verletzung ja zumindest insgeheim immer weiter vorgeworfen werden würde und auch in dem Betreffenden selber weiterarbeitet. Eine Weiterführung oder Wiederaufnahme der Beziehung ist nur dann sinnvoll und hat eine positive Aussicht, wenn die Dinge wirklich verarbeitet und überwunden worden sind. Ansonsten bringt das nichts.)
Wichtig ist weiters, sich nicht selber mit Schuldgefühlen zu belasten. Denn auch das hindert daran, sich wirklich von der Beziehung zu lösen und hält einen fest.
Es stimmt zwar: wenn man kein Glück hat, findet man einen solchen Menschen nie wieder. Aber manche schnappen halt derart ein, wenn sie ihre Prinzipien und Ansprüche verletzt sehen, daß ihnen das völlig gleichgültig ist. Da geht es nur noch darum, sich (und auch dem anderen) zu beweisen, daß man im Recht ist. Alles andere, auch die Liebe, ist unwichtig. Manchen ist halt der Holzhammer näher als das weiche Kissen. Daran läßt sich leider auch nichts ändern. Selbst wenn sie es bereuen würden oder ihnen ihre Reaktionen selber als überzogen vorkämen, gelingt es ihnen nicht, über ihren Schatten zu springen. Nichts hält einen selber mehr gefangen als die eigenen Prinzipien, nichts sabotiert einen selber mehr als der eigene verletzte Stolz. Der sitzt wie ein zähnefletschender Wachhund vor der Tür und läßt einen nicht mehr hinaus.
Ich muß auch sagen, daß es vermutlich nicht gut ist, daß Du Deinen Ex weiter kontaktierst. Zum einen kann er es Dir auf diese Weise (durch die Kälte und Gleichgültigkeit) immer wieder heimzahlen, zum anderen hält Dich das selber fest, und aus diesem Grund kommst Du auch so gar nicht vom Fleck und alles stagniert.
Natürlich besteht dann die Gefahr (ja ist sogar sehr wahrscheinlich), daß er, wenn Du Dich nicht mehr meldest, das als Bestätigung sieht, daß Du ihn ohnehin nicht wolltest, Du ihn gar nicht geliebt hast usw. Nur ist eine solche grundsätzliche Einstellung ohnehin nicht zu knacken, weil die Ursache dafür ja in ihm und nicht in Dir und Deinem Verhalten liegt, und zudem halt auch reichlich daneben ist (das ewig abgelehnte, ungeliebte Kind). Dagegen wirst Du jedenfalls nichts machen können, was immer Du auch versuchst.
Außerdem geht es nun um Dein weiteres Leben und nicht um seines. Daher würde ich mir darüber auch gar keine Gedanken machen, was er dann denkt, wenn Du den Kontakt beendest, ob er sich bestätigt fühlt oder nicht. Das ist allein seine Sache, und er wird es sich ohnehin so richten, daß Du die Böse bist, die die Beziehung zerstört hat.
Wer es nicht verkraftet, daß der Partner auch einmal einen Fehler macht, einen scheinbaren oder tatsächlichen, und auch nicht verzeihen und etwas über den Dingen stehen kann, sondern nur seinen Prinzipien und Selbstgerechtigkeiten anhängt, der kann sich eine lebenslange stabile Beziehung zwar wünschen, wird sie aber nicht erleben. Dazu müßte er sich schon ein Kuscheltier zum Partner nehmen, aber nicht einen Menschen.
Jedenfalls wäre es in Deinem Sinne sicher weitaus besser, wenn Du damit abschließen würdest, auch wenn er manchmal kleine Zeichen setzt, daß es irgendwann vielleicht wieder etwas werden könnte mit einer Beziehung. Denn ich fürchte, dabei würde ohnehin nichts Gutes herauskommen, wenn er nicht einige seiner Einstellungen grundlegend geändert hat (und das wird er kaum getan haben).
Auf diese Weise hängst Du nur fest wie ein Fisch an der Angel und verzichtest auf wesentliche Teile Deines Lebens - und das noch dazu, wie man annehmen muß, ganz sinnloserweise.
Ach so, wir haben sogar schon einmal miteinander geschrieben, Du unter einem Gastnamen. Ja, da ich Deinen Gastnamen nicht kenne, kann ich mich auch nicht mehr daran erinnern
Jedenfalls wünsche ich Dir alles Gute - und daß Du für Dich eine klare Entscheidung triffst. Es kann nur besser werden!
Liebe Grüße