Hallo Nick,
es ist eine paradoxe Erkenntnis, aber sie bewahrheitet sich immer wieder... Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er auf´s Eis. Das sagte mir ein guter Bekannter als Erklärung der Trennung vor über 2 Jahren, er kannte unsere Beziehung.
Ich habe für meine EX alles getan... das Problem war sicher zum Einen, daß es viel zu wenig gemeinsame Gespräche gab (sie hat nur noch die Termine mit mir abgesprochen), weil sie eben ein sehr umfangreiches Eigenleben geführt hat. Bei ihr war es auch einfach eine Veränderung, Ziele waren abgearbeitet und es folgte eine Neuorientierung.
Sie mußte immer alles verändern, abarbeiten... - jemanden kennenlernen, - verloben, - heiraten, - jung Kind 1 - gleich darauf Kind 2, kurz vor der eigenen Immobilie... und dann kam der Zusammenbruch der Beziehung. Schon nach dem zweiten Kind fiel die Spannung in der Beziehung voll ab. Kein Ziel, keine Emotionen mehr. Ich in meiner Naivität dachte, das sei nur vorübergehend. Nungut, ich war so grün, ich hätte damals auch die Beziehung nie in Frage gestellt - was ein klarer Fehler war!!
Sie suchte weiter... und fand es viel später ganz gut - einen neuen Partner zu nehmen.
Genießen ging bei ihr nicht, die Kinder sind jetzt mehr im Weg, besonders unser Sohn...
Ein klassisches Beispiel, wie oft hier erzählt. Zu jung geheiratet... und nun mit Anfang 30 muß es ja noch etwas anderes auf der Welt geben. Es waren alle klassischen Ziele abgearbeitet.
Und da es in der heutigen Zeit (auch mit dem heutigen Scheidungsrecht) kaum wirtschaftliche Einschränkungen oder Abhängigkeiten mehr für die Frauen gibt (im Verhältnis zu früher...), und eben die Erwartungen an die Beziehung immer höher werden, sprengte sie die Beziehung.
Meine Fehler lagen darin, daß ich sie viel zu lange gewähren ließ, meine Wünsche immer hinten angestellt habe. Ich hätte nach dem 2. Kind handeln müssen. Das habe ich unter anderem gelernt.
Ich weiß nicht, ob ich eine Chance gehabt hätte, die Beziehung zu retten, wenn ich damals gehandelt hätte. Ich dachte, dieses Untriebige, was bei meiner EX sicher auch aus ihrer Jugend kommt, ist beherrschbar. Mir hat es nie etwas ausgemacht.
Aber daß diese Unruhe dazu führt, daß sie so einfach mal den Partner auswechselt, damit habe ich damals nicht gerechnet. Der Drang zur Selbstverwirklichung - und damit die Ansprüche eines selbst u.a. an eine Beziehung - war zu groß bei ihr. Natürlich war ich sehr traurig, daß mein Traum, nämlich eine intakte Familie zu leben, zerplatzte.
Nun, ich wünsche ihr viel Glück auf ihrem weiteren Weg, ich hatte mit ihr von 1988 bis 1995 wirklich eine schöne Zeit.
Für mich waren die Erkenntnisse schmerzhaft aber lehrreich...
- Eine lebendige Partnerschaft funktioniert meist nur solange, wie man Gemeinsamkeiten hat. Diese zu pflegen ist eine aufwändige Aufgabe
- Gibt einer zuviel, braucht er nicht zu hoffen, mehr zurückzubekommen, der Mensch ist auch in der Partnerschaft oft ein Egoist. Er nimmt dann halt einfach mehr und vergißt oft, woher die Freiheiten kommen.
- Liebe ist vergänglich, dies ist eine Eigenart, mit der man leben muß
- Die zweite Beziehung funktioniert oft besser, weil wir dann erst unsere Fehler erkennen - es wurde uns nirgens beigebracht, wie eine Beziehung zu leben ist (außer beide hatten gute Eltern, die eine erfüllte Beziehung vorleben)
- Wichtiger als der Partner ist man selbst. Alleine sind wir auf die Welt gekommen und alleine werden wir von dieser gehen. Uff... kein schöner Satz.
Aufgrund dieser Tatsachen wird man in der zweiten Beziehung häufig auf der Bremse stehen. Manche gehen wegen des starken Schmerzes keine Beziehung mehr ein, sie lassen sich nicht nochmal so verletzen. Das Spiel mit der Liebe ist ein schweres Spiel.
Umschalten auf das Leben allein ist anfangs sehr schwer. Einsamkeit ist eine bittere Gefühlslage, man sagt, nur Schmerz und Angst sollen schlimmer sein.
Aber es bleibt nichts anderes:
Selbst die bitterste Enttäuschung gibt dem Spieler noch immer die Möglichkeit, sich in stillen Stunden an die Zeiten zu erinnern, als man noch nicht ahnte, was alles noch auf einen zukommen sollte. (Kirschner)
Deine letzten beiden Sätze enthalten viel Schmerz, sind sehr provokant. Aber ich denke, bedingungslos wirst Du nie wieder lieben können - und das sollst Du auch nicht. Wichtiger ist, daß Du Dich selbst findest, daß Du wieder lernst, Deinen eigenen Weg - nun allein - zu gehen. Gruß, Gerd